21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Dubois / Kammermusik

Dubois / Kammermusik
Dubois / Kammermusik

Seine Lebensdaten ähneln denen von Camille Saint-Saëns, auch war er dessen Nachfolger als Titularorganist an La Madeleine. Einen prominenten Platz in der französischen Musikgeschichte konnte sich Théodore Dubois (1837–1924) den­noch nicht erobern. Und so finden sich seine Kompositionen schon lange nicht mehr im Konzertleben; selbst auf CD müssen sie erst mühsam wiederentdeckt werden.

Den Anfang machte vor ein paar Jahren das Label Bru Zane mit einem breit angelegten Portrait (u.a. zwei Sinfonien, eine Messe und Kammermusik), nun hat cpo mit dem Violinkonzert und einem weiteren Album mit hinreißender Kammermusik nachgelegt. Zwar handelt es sich um Kompositionen, die lange nicht den Rang der großen Partituren eines César Franck erreichen. Doch Dubois seine erfreuliche Leichtigkeit in der thematischen Erfindung oder einen formal wie auch immer ausgeprägten «Akademismus» vorzuwerfen, trifft den eigentlichen Kern dieser Musik nicht. Auch wenn das hier eingespielte Klavier­quintett (1905) wie auch das Klavierquartett a-Moll (1907) stilistisch nicht nach vorne blicken, so haben sie doch musikalisch viel zu bieten.

Dies gilt zunächst für das Quintett, bei dem statt der zweiten Violine eine Oboe besetzt ist – eine Alternative, die klanglich vorzügliche Konstellationen hervorruft, zumal die Oboe nicht bloß für schöne Linien sorgt, sondern auch obligat begleitet (und der Klavierpart ohne jede pseudo-sinfonische Überfrachtung auskommt). Im Stil hörbar verwandt, in den Klangfarben allerdings deutlich abgetönt, stellt das Klavierquartett (in Standardformation) eine willkommene Erweiterung des Repertoires dar. Im Gegensatz zu der matten Einspielung durch das Quatuor Giardini (2014, Bru Zane) interpretieren Oliver Triendl und sein Ensemble das Werk mit spritzigem Esprit und einem wirklichen «fuoco». Die klare, angenehm direkte und natürliche Abbildung des Ensembles bekommt insbesondere den Klangfarben des Klavierquintetts. Eine rundum vorzügliche Produktion.


Théodore Dubois: Klavierquintett F-Dur, Klavierquartett a-Moll
Oliver Triendl (Klavier), Nina Karmon (Violine), Anja Kreynacke (Viola), Jakob Spahn (Violoncello), Stefan Schilli (Oboe), Kelvin Grout (Klavier)

cpo 555 357-2 (2020)

 

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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