1. Dezember 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

20th Century Foxtrots – Switzerland

20th Century Foxtrots – Switzerland
20th Century Foxtrots – Switzerland
Mit der fünften Folge seiner Foxtrott-Anthologie begibt sich Gottlieb Wallisch in die Schweiz. Ob nun Berg oder Tal, Zürich, Genf oder Bern: Angesichts dieser fantastischen Auswahl völlig unbekannter Stücke darf man sich erstaunt die Augen reiben. Was dann aber doch bei genauerem Studium der Track-Liste auffällt, sind die vergleichsweise «späten» Daten der Werke. Denn während es zu Beginn der 1920er Jahre mit dem Foxtrott in Berlin glühte, musste dieses Tanzfieber offenbar am Fuße der Alpen erst abgeklärt werden. So jedenfalls der Eindruck – auch bei dem, was auf diesem Album zu hören ist.

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Und es gibt wirklich Unterschiede. José Berr (1874–1947) etwa, ein Rheinberger-Schüler, nimmt sich den Rhythmen doch recht akademisch und in einem geradezu neutralen Tonfall an, bei Conrad Beck (1901–1989) hingegen ist der Geist der Zeit zu spüren: Er formt aus Boston und Foxtrott stilisierte Charakterstücke, wie man es etwa auch aus barocken Partiten und Suiten kennt. Wieder einmal verblüfft die stilistische Breite des Eingespielten, mehr aber noch die offenkundige Recherche und Durchsicht eines sicherlich weit größeren Werkbestandes. Gottlieb Wallischs Auswahl reicht dabei über das «Goldene Zeitalter» hinaus bis nach dem Zweiten Weltkrieg – etwa mit einer Jazz-Sonatine von Julien-François Zbinden (1917–2021), einer Schweizer Legende. Insgesamt hätte ich mir auch dieses Album etwas «frecher» im Ton gewünscht. Die Stücke wirken mitunter recht bieder.

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Albert Moeschinger. Tallula – eine Foxtrott-Fantasie (1930er); Farewell Blues (1930er); Jose Berr: Marie (1924); One-Step über 2 Schweizer Melodien «Der Schweizerknabe» – «Thurgauerlied» (1926); Walter Lang. Dolderilla-Fox-Trot aus: «Olé Olé! Suenos de España» (1928); Conrad Beck. 2 Tanzstücke (1928); André-François Marescotti. Nègre au clair de lune (1924); Virtuose de rue & Bluette (1925); Blue Girls (1941); Richard Flury. Halottria-Fox-Trot (Nr. 1, 1929); Fox-Trot (Nr. 2, 1929); Tango aus: Die alte Truhe; Paul Burkhard. Slow-Fox (1930); Tango für Klavier (1934); Peter Mieg. Zwei Stücke aus: La Fête de la Ligne (1935); Emile Jaques-Dalcroze. Le Fox-Trot Angoissé (1924); Arthur Honegger. Tango de Charlotte (1937); 3 Stücke aus: Le Journal Tombe à 5 Heures (1942); Marguerite Roesgen-Champion. Jimmy-Blue & Daisy aus: 4 Petites Pièces (1946); Tango (1937); René Gerber. Slow-Fox aus: 6 Pièces (Heft 4); Julien-François Zbinden. Jazz-Sonatine op. 11 (1949/50); Urs Joseph Flury. Foxtrot aus: Promenaden-Suite (1985/2020)
Gottlieb Wallisch (Klavier)

Grand Piano GP 922 (2022)

Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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