21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mayseder: Kammermusik Vol. 4 – Wiener Mayseder Ensemble

Mayseder: Kammermusik Vol. 4 – Wiener Mayseder Ensemble
Mayseder: Kammermusik Vol. 4 – Wiener Mayseder Ensemble

Nur selten einmal tritt ein Komponist der vermeintlich zweiten Reihe so klar profiliert aus dem Schatten der großen Meister wie Joseph Mayseder (1789–1863). Zu verdanken ist dies dem anhaltenden Engagement und der Spurensuche von Raimund Lissy (seit 1991 Mitglied der Wiener Philharmoniker), der auch eine inzwischen auf sieben CDs angewachsene Reihe mit Einspielungen beim Label Gramola initiiert hat. Mayseder, der auf der Violine zu seiner Zeit eine der tragenden Säulen des Wiener Musiklebens bildete, war als Schöpfer versierter Kammermusik allerdings lange in Vergessenheit geraten – dabei zählt er zu jenen Komponisten, die gleichsam die Zeit zwischen Beethoven und Brahms ausfüllen und auf die erst jetzt wieder ein Auge fällt.

Dies gilt insbesondere für das hier als Quintett eingespielte op. 51 (1830), während das Streichquartett g-Moll op. 6 (1811) ein wenig dem brillanten Stil verpflichtet ist, somit ein wenig an Louis Spohr erinnert und doch wienerisch klingt. Warum man bei dem in a-Moll stehenden Opus 51 jedoch auf den ab libitum vorgesehenen Kontrabass verzichtet hat, erschließt sich nicht: Dieser hätte der bisweilen orchestral wirkenden Faktur die rechte Basis gegeben. Beide Werke zusammen zeigen übrigens melodische Floskeln und harmonische Wendungen, die man bei keinem anderen Komponisten findet. Mayseder scheint mithin einen echten Personalstil herausgebildet zu haben. Dies macht sein Schaffen auch heute noch interessant.


Johann Mayseder: Streichquartett Nr. 2 g-Moll op. 6 (1811), Streichquintett Nr. 2 a-Moll io, 51 (1830)
Wiener Mayseder Ensemble
Gramola 99184 (2016, 2018)

 

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #018 – Kammermusik