23. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Phraim – Hysteria

Phraim: Hysteria
Phraim: Hysteria

Man wird nicht ganz warm mit dieser neuen Platte von Phraim, dem schweiz-österreichischen Quartett von Kollektivkomponist:innen. Ich habe mir die Scheibe bestimmt drei bis fünf mal angehört. Woran man merken möchte, dass mir das Werk in den acht Tracks sowohl ans Herz gewachsen ist, weil ich durchwegs zu spüren meite, dass die vier Musiker:innen einer großen Sache auf der Spur sind (und ich gerne bei der Suche hörend mitzuhelfen sehr die Neigung verspürte), leider jedoch war die zur Hörhilfe gerreichte Schatzkarte innermusikalisch ziemlich wischiwaschi, unscharf und verwaschen.

Was heißt das? Viele der Tracks entwickeln einen ausgesprochen intensiven Sog, weil die Grundideen der Kompositionen und ihr grundsätzlicher Aufbau architektonisch gelungen sind. Die Stücke werden in die richtigen Schuhe gestellt. Und in fast allen Tracks gelingt es, das Gerüst wunderbar innenarchitektonisch auszukleiden. Man schaut dabei gerne zu wie Basslinien in den „Colourblind Birds“ – um im Bild zu bleiben – wie Stromleitungen im Haus durchaus sichtbar auf Putz verlegt werden. Doch dann ist es bald mit der Ökonomie vorbei und die Piecen neigen ausgesprochen dazu, zu verfransen und zu verspielt leerzulaufen wie extrem im zweiten Track „Maleficent“.

Vielleicht ist das aber auch zudem ein Problem der Abmischung? Das Schlagzeug scheint mir immer wieder überpräsent zu sein. Auch bei der Stimme von Nina Reiter, die an sich präzise im Klangfeld sitzt und gerade im textlosen Gesang wundervoll flexibel belebend ist, bekommt mit Text eine etwas anstrengende Innenmodulation durch, ich nenne es mal: Chewinggumming, so, als ob die Vokale zerkaut würden.

So richtig gut geht das musikalische Werk im Stück „Minneapolis“ auf, das vor Kraft nur so strotzt und wo die thematische Anlage einfach durch einen simplen Trick (Verkürzung) die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Insgesamt in jeder Hinsicht eine Platte, die einen nicht kalt lässt, auch wenn man mit ihr, wie anfangs gesagt, nicht ganz warm wird. Schade, dass dem Produkt kein Booklet mit den Texten beiliegt.


Phraim: Hysteria [2022]

  • Nina Reiter – vocals, composition & lyrics
  • Viola Hammer – piano & composition
  • Marc Mezgolits – bass guitar & composition
  • Peter Primus Frosch – drums & composition

QFTF 176

 

 

 

 

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